Burschenschaft Loshausen
Tobias Jungermann
Hintergasse 634628 Willingshausen OT Loshausen
Im Jahr 1984 hat man 225 Jahre Kirmes mit Festzug gefeiert und 1759 als erste Kirmes angenommen. Wie jedoch Dr. Armin Wiegand herausgefunden hat, war bereits 1569 im Saalbuch des Amtes Ziegenhain beurkundet, daß die von Lüdder 1569 vierzehn Tage vor und vierzehn Tage nach der Kirmes den Wein-/Brannt-weinausschank frei hatten. So ist die Loshäuser Kirmes um 190 Jahre früher erwähnt.
Nach unserem Wissen und von Erzählungen unserer Vorfahren war die Kirmes, wenn Sie gefeiert wurde, im Oktober nach Abschluß der Erntearbeiten. Seit Ende des 19. Jahrhunderts hatte Loshausen zwei Gaststätten mit je einem Saal. Hier wurde abwechselnd, in guten Jahren aber auch in beiden Sälen, gefeiert. Am Samstag- und Sonntagnachmittag wurde, wenn es das Wetter zuließ, auch auf dem Tanzplatz (alte Schule, heute im Besitz von Georg Schwalm, Kreuzung Kirchweg - Oberdorf) zum Tanz aufgespielt. Die Kirmes begann mit dem Bierwagen am Freitagmorgen. Hierbei wurde in den Nachbardörfern mit Gesang zur Kirmes eingeladen und auf dem Rückweg das Bier mitgebracht.
Vor jeder Tanzveranstaltung gingen die Burschen und Mägde mit der Kapelle eine Runde durch das Dorf, bevor die Musik zum Tanz aufspielte.
Für uns heute unvorstellbar, war der Tanzabend um Mitternacht beendet, dann ging es aber noch am Freitag- und Samstagabend zum Kaffeetrinken. Hierbei waren meist die Mädchen Gastgeber. Es gab Kaffee und Kuchen und bei besser Gestellten kam auch Brot und Wurst auf den Tisch.
Am Samstagmorgen wurden die Ständchen vor jedem Haus gegen einen Obolus gespielt (außer es handelte sich um ein Trauerhaus).
Sonntagmorgen war dann gemeinsamer Kirchgang, bevor es nach dem Mittagessen in stolzer Festtracht auf den Tanzplatz ging und abends noch mal in den Saal.
Der Abschluß, das Begraben mit einer Ansprache über das Kirmesgeschehen und Bekanntgabe neuer Liebschaften, erweckte die Neugier der Loshäuser, hier auch vieler älterer Dorfbewohnerinnen.
Die Aktivitäten der Kirmesburschen - Burschenschaft war nicht nur die Kirmes, sondern es begann im Januar mit einem Wurstball. Nach dem 2. Weltkrieg durch die Flüchtlinge mit einem Faschingstanz.
Zu Ostern wurde das Kammerfensterversteigern organisiert und durchgeführt.
Im Sommer, zwischen Heu- und Kornernte, wurde der Probtanz am Samstagabend und auch Sonntagnachmittag abgehalten.
Bei Hochzeiten wurden die Neuvermählten mit einigen Liedern, Schnaps und Branntwein aus dem Ledigenleben verabschiedet.
Die gesellschaftlichen Veränderungen der 60er Jahre machten auch vor der Kirmes Loshausen nicht halt. Man verabschiedete sich von der traditionellen Blasmusik und holte Tanzbands, die mit Schlagermusik, Gesang und Elektronik für Stimmung und gute Einnahmen sorgten. Hierdurch ergab sich die Möglichkeit 1972 erstmals mit tatkräftiger Unterstützung des Dorfes und der Vereine einen Schwälmer Trachtenfestzug zur Kirmes unter dem Motto "Kreiz schwer neng" aufzustellen und durchs Dorf ziehen zu lassen. Für den guten Besuch des Festzuges und der ersten Wieder-aufführung des Schwälmer Tanzes war der Saal zu klein. Dieses war der Anlaß 1973 erstmals die Kirmes in einem Zelt im Schloßpark abzuhalten. 1974 folgte ein Festzug mit Bildern nach dem Kirmeslied "Inse Kermes" und 1976 unter dem Motto "Aus dem Leben des Junker Hoose aus Leimbach". Zunächst war es den Burschen möglich alle 2 Jahre einen originellen Festzug durchs Dorf zu schicken. (Der Zusammenhalt mit den Vereinen war auch der Anfang des Bundes Loshäuser Vereine.)
Ab den 70er Jahren wurde der Bierwagen zur Ziegenhainer Salatkirmes von der Loshäuser Burschenschaft gestellt. Von nun an konnten die Schwälmer Schneider, Schuster, Stickerinnen und Strickfrauen ihr Können wieder unter Beweis stellen und weitergeben. Da die meisten Burschen größer und kräftiger als ihre Vorfahren waren, bekamen sie neue rote Westen, Hosen, Gamaschen und Schuhe, auch die Frauen strickten wieder Schwälmer Strümpfe. So wurden die Burschen auch oft für die Teilnahme an den Festzügen Hessentagen eingeladen.
Bei den Festzügen der Ziegenhainer Salatkirmes wurden ab 1974 außer dem Bierwagen von Loshäusern auch weitere Festzugsnummern dargestellt und es bildeten sich die ersten Trachtengruppen, die dann 1978 zur Gründung der Schwälmer Trachtengruppe führten. Bis 1984 wurde im 2-Jahresrythmus eine Trachtenkirmes mit Festzug abgehalten. Dann folgten 1987 und 1991 noch eine Kirmes mit Festzug. Bei der Kirmes 1991 wurden die Kirmesburschen durch eine 1000,00 DM Spende von dem Kaufmann Heinz Schmidt vor der Pleite gerettet. Bei den Festzügen gab es zwar noch genügend Zuschauer im Dorf, aber der Besuch auf dem Festplatz im Park, der mit Eintritt und Verzehr die Kosten decken muß, wurde immer weniger.
Obwohl die Kirmesburschen ab 1988 den Bier- und Getränkeausschank selber übernahmen, und nicht mehr wie seit Gedenken von den Gastwirten ausgeführt wurde, haben sich Einnahmen und Ausgaben mal mehr oder mal weniger gedeckt. Durch geburtenschwächere Jahrgänge der letzten 30 Jahre finden sich immer weniger ältere und erfahrene Burschen die zum Durchführen einer Kirmes bereit sind. Bei der Durchsicht alter Kirmesbilder ist festzustellen, daß selbst bei der ersten Kirmes 1947 41 Burschen auf dem Foto zu erkennen sind, in Kittel und Schirmmützen (die Schirmmützen gehen zurück auf die Zeit um 1900). Von da an trugen Burschen die bei den Soldaten gedient hatten, die Mützen ihrer Garnison.
Dieser Bericht ist von Winfried Ide, Kirmesvater 1971 - 1974, unter Rücksprache von Helmut Laudenbach, Kirmesvater 1976 und Dirk Riebeling, Kirmesvater 1987 - 1988.